Rückschnittarbeiten der Deutschen Bahn in Pulheim: Anwohner sind schockiert

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Von: Anja Fiedler

Viele Anwohner bemängeln die Auswirkungen, die die Pflege- und Rückschnittarbeiten der Deutschen Bahn haben.
Viele Anwohner der Rommerskirchener Straße bemängeln die Auswirkungen, die die Pflege- und Rückschnittarbeiten der Deutschen Bahn haben.

Die Deutsche Bahn hat Anfang November im Bereich der Rommerskirchener Straße im Abschnitt zwischen der Hausnummer 1 und dem Walzwerk in Pulheim umfangreiche Pflege- und Rückschnittarbeiten am Gehölzbestand vorgenommen. Aus Verkehrssicherungsgründen wurden auch schadhafte Bäume gefällt. Auf die anstehenden Arbeiten wies die Stadt Pulheim im Vorfeld in einer Pressemitteilung hin. Die Zuständigkeit liegt hier jedoch bei der Deutschen Bahn, die Verwaltung wurde lediglich über die geplanten Maßnahmen informiert und hat keine Möglichkeit der Einflussnahme. Involviert ist in solchen Fällen jedoch die Untere Naturschutzbehörde des Rhein-Erft-Kreises. Unsere Redaktion haben Nachrichten von Anwohnern erreicht, die über das Ausmaß der Rückschnittarbeiten im Bereich der Rommerskirchener Straße schockiert sind.

Anwohner bemängeln Auswirkungen der Abholzung

Viele Anwohner bemängeln die Auswirkungen, die die Pflege- und Rückschnittarbeiten der Deutschen Bahn haben und sehen zahlreiche negative Folgen für ihr Umfeld. U. a. führen sie an, dass die Bäume entlang der Rommerskirchener Straße erheblich zum grünen, naturnahen Landschaftsbild beigetragen hätten und ihre Entfernung das Gesamtbild der Straße unwiderruflich verändert hat. Die Betroffenen weisen auf den nun unmittelbaren Blick auf die fahrenden Züge und Gleise sowie die Hochspannungsleitungen hin und beklagen, dass gesunde junge und kleine Bäume entfernt wurden, die in keinem Fall Auswirkungen auf die Sicherheit der Bahngleise oder Hochspannungsleitungen gehabt hätten. Laut Aussagen einer Anwohnerin wurde unter anderem eine 50 Jahre alte Kiefer gefällt, die völlig gesund war, kein Flachwurzler war und in ihren Augen die Sicherheit nicht gefährdet hat.

Weiterhin äußern sich die Anlieger der Straße besorgt über den Verlust von Lebensraum für Vögel und andere Kleintiere. Sie sehen durch die Fällung der Bäume und den starken Rückschnitt von Sträuchern den Verlust von Nistmöglichkeiten zahlreicher Vögel und auch fehlenden Schutz für andere Kleintiere, was die Artenvielfalt gefährde. Ebenso sei der Lärmpegel durch vorbeifahrende Züge nun erheblich höher, da die Schallschutzfunktion durch das entfernte Grün weggefallen sei. Zudem weisen die Anwohner auf ein nun erhöhtes Sicherheitsrisiko für Kinder, Jugendliche und Erwachsene hin. Die entfernten Bäume und Sträucher seien eine natürliche Barriere gewesen, die den Zugang zu den Bahngleisen erschwerte und besonders für Kinder eine gewisse Schutzfunktion erfüllte. Durch die Entfernung dieser Vegetation bestehe nun freie Sicht und Zugang zu den Gleisen, was insbesondere für Kinder ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstelle. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass eine der größten Kinderarztpraxen in Pulheim in der Straße ansässig ist und sich tagtäglich zahlreiche Kinder im Wohngebiet aufhalten.

Abholzungen im größeren Ausmaß
Abholzungen im größeren Ausmaß

Stellungnahme der Deutschen Bahn

Die Deutsche Bahn (DB) hat in Pulheim Vegetationsarbeiten entlang der Gleise an der Rommerskirchener Straße Vegetationsarbeiten durchgeführt. Die erforderlichen Arbeiten wurden in Abstimmung mit der zuständigen Naturschutzbehörde durchgeführt.

Grundsätzlich gilt: Eine umweltfreundliche Vegetationskontrolle gehört zu den Schwerpunkten der DB-Konzernstrategie „Starke Schiene“. Die Vegetationskontrolle entlang der Bahngleise muss regelmäßig durchgeführt werden, damit Signale und Stromleitungen nicht zuwachsen oder schadhafte Bäume auf die Gleise stürzen.

Im Rahmen gesetzlicher Vorgaben trägt die Bahn dafür Sorge, dass Zugfahrten auf der Schiene verlässlich durchgeführt werden können. Dafür gilt es, die Vegetation im direkten und weiteren Umfeld der Gleise im Blick zu behalten und bei Bedarf tätig zu werden. Das Konzept des Vegetationsrückschnitts folgt guter forstwirtschaftlicher Praxis. Belange des Natur- und Umweltschutzes werden umfassend berücksichtigt.

Bereits seit 2007 arbeitet die Bahn an der Umsetzung eines Präventionsprogramms entlang ihrer Anlagen. Neben dem Freihalten des Gleises selbst wird hierbei eine Rückschnittzone mindestens sechs Meter rechts und links der Gleise ganzjährig von Bewuchs freigehalten. Dieser bodennahe Rückschnitt im U-Profil erfolgt einmal im Jahr sowie bedarfsorientiert.

Für eine sturmsichere Schiene hat die Deutsche Bahn auch die Pflege von Bäumen und Sträuchern entlang des gesamten Streckennetzes deutlich erweitert. Seit 2018 setzt sie mehr Expertise, mehr Geld und mehr Personal ein, um den Bewuchs am Gleis noch besser zu kontrollieren. Für die Inspektion sogenannte Fahrwegpfleger:innen und Förster:innen im Einsatz. Ihre Aufgabe ist es, in der Stabilisierungszone (außerhalb des 6-Meter-Raums) Bäume und weitere Pflanzen zu identifizieren, die durch Standort, Zustand oder Form eine mögliche Störungsquelle darstellen könnten. Der Baumbestand wird dabei durch die Fachleute eingehend inspiziert, digital katalogisiert und ausgewertet. Diese Daten bilden die Grundlage für die nachfolgende zielgerichtete Vegetationsentwicklung entlang der Bahngleise.

Mehr Informationen zu den Vegetationsmaßnahmen der DB finden Sie unter https://www.deutschebahn.com/de/presse/suche_Medienpakete/medienpaket_vegetationsmanagement-6854346#

In diesem Zusammenhang möchten wir außerdem auf richtiges Verhalten an Bahnübergängen und Bahnanlagen hinweisen:Die Deutsche Bahn setzt gemeinsam mit der Bundespolizei und weiteren Partner:innen seit vielen Jahren auf umfassende Präventionsarbeit. Die Hauptzielgruppe: Kinder und Jugendliche. Das gemeinsame Ziel ist es, durch frühzeitige Information Unfälle an Bahnanlagen zu verhindern. Mehrere DB-Präventionsexpert:innen sind genau dort im Einsatz, wo Sensibilisierung nötig ist: in Schulen, Kitas und Bahnhöfen. Sie vermitteln altersgerecht das richtige Verhalten an Bahnanlagen. Auch mit der Präventionskampagne „sicher drüber“ leistet die DB seit vielen Jahren gemeinsam mit Partner:innen vor Ort umfangreiche Präventionsarbeit. Von Plakaten auf Bahnsteigen über Medienpakete für Schüler:innen und Broschüren für Kinder und Jugendliche informiert die DB auf vielfältige Weise über das richtige Verhalten an Bahnanlagen. Zusätzlich ist die DB zu diesem Thema in den sozialen Medien aktiv – unter anderem mit emotionalen Videos aus der Kurzfilm-Reihe „Wir wollen, dass Du sicher ankommst“. Die Spots greifen mögliche Gefahren und Verhaltensregeln in Bahnhöfen, an Gleisanlagen und Oberleitungen auf: https://vm.tiktok.com/ZGeDBTRQR/ und https://vm.tiktok.com/ZGeDSdEnf/.

Weitere Informationen zur Präventionsarbeit der DB finden Sie unter: https://www.deutschebahn.com/de/nachhaltigkeit/verantwortung_gesellschaft/unfallpraevention

Freier Blick auf die Gleise
Freier Blick auf die Gleise

Und nun?

Es bleibt festzuhalten, dass die Deutsche Bahn aus ihrer Sicht korrekt gehandelt hat. Auch die Untere Naturschutzbehörde des Rhein-Erft-Kreises hatte scheinbar keine Einwände gegen die Abholzung. Mit den Konsequenzen leben müssen aber nun die betroffenen Anwohner in der Rommerskirchener Straße und die Natur. Ersatzpflanzungen, zusätzlicher Schallschutz oder Sicherheitsmaßnahmen an den Gleisen scheinen nicht geplant zu sein. Selbstverständlich muss die DB im Rahmen der Sicherheit Pflege- und Rückschnittarbeiten vornehmen, ob diese in solch großem Ausmaß nötig waren, wird sich im Nachhinein schwer klären lassen. Die betroffenen Anwohner sehen die Baumfällungen und Abholzungen jedoch kritisch und haben kein Verständnis für das Vorgehen der Bahn. Verloren haben letztendlich alle: Die Anwohner, die Natur und auch die Deutsche Bahn, die sich neben Bahnausfällen, Verspätungen und Co. nun weiteren Unmut zugezogen hat.

Kein schöner Anblick
Kein schöner Anblick