Melaten – So viel mehr als nur ein Friedhof

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Von: Anja Fiedler

Spaziergang über den Melatenfriedhof

Der Melatenfriedhof ist weit über die Stadtgrenzen Kölns bekannt. Der parkähnliche Friedhof ist dabei nicht nur ein Ort der Trauer, sondern eine grüne Oase in der Stadt, die vielen Tieren einen Lebensraum bietet. Hier kann man durchatmen, innehalten und sich am vielen Grün und zahlreichen Vögeln, Fledermäusen, Eichhörnchen und anderen Wildtieren erfreuen. Nicht umsonst ist Melaten ein Landschaftsschutzgebiet. Die gesamte Anlage ist riesig und man entdeckt bei jedem Besuch wieder etwas Neues. Natur, Kultur, Geschichte und Tradition sind auf diesem Friedhof vereint. Die unzähligen Gräber des über 200 Jahre alten Friedhofs, die auf einem ehemaligen Gelände für Leprakranke liegen, erzählen viele Geschichten. Das dort befindliche „Leprosenheim“, führte in Köln den Namen „Maladen“. Hieraus entwickelte sich die Friedhofsbezeichnung „Melaten“. Mit der Gestaltung des Friedhofes wurde Ferdinand Franz Wallraf beauftragt.

Melaten – Friedhof und Baudenkmal

Am 29. Juni 1810 wurde der Melatenfriedhof durch Dompfarrer Michael Joseph Dumont eingeweiht. Zahlreiche Prominente sind hier begraben. Besonders pompöse, teure und auffällige Gräber liegen an der sogenannten „Millionenallee“. Aber ein Blick abseits dieser Allee in andere Grabreihen und -felder lohnt sich. Insgesamt gibt es auf Melaten ca. 55.000 Gräber. Nicht nur die Reichen haben hier ihre letzte Ruhe gefunden, die Grenze zwischen Armen und Reichen endet im Tod. Die riesige Friedhofsfläche ist ein großes Baudenkmal. Hier kann man sich schon mal ein wenig verlaufen, aber so lange das nicht im Dunkeln passiert…. Ein Tipp, um sich nicht zu verirren und Gräber leichter zu finden sowie etwas über deren Geschichte zu erfahren, ist die von Wolfgang Kranz ehrenamtlich entwickelte und kostenlose App „Melaten Friedhof – der kostenlose Friedhofsführer“, die es in den App-Stores von Google und Apple gibt. Wer auf Facebook unterwegs ist, hat auch die Möglichkeit in die Gruppe „Melaten Friedhof“ von Wolfgang Kranz einzutreten und dort viel Interessantes zu erfahren und tolle Fotos zu sehen.

Um die vielen historischen und denkmalgeschützten Gräber zu pflegen und zu erhalten, vergibt die Stadt Köln Patenschaften. Der Pate/die Patin erklärt sich bereit, die Aufbauten und Bepflanzung einer historischen Grabanlage zu restaurieren. Dabei geht es in erster Linie darum, die historische Substanz einschließlich der alten Inschriften zu bewahren. Als Gegenleistung erhält man eine Urkunde und hat ein kostenloses Anwartrecht auf die Grabstätte.

Führungen

Wenn man sich noch intensiver und ausführlicher mit der Geschichte des Melatenfriedhofs beschäftigen möchte, empfiehlt sich neben Literatur eine Führung. Kundige Stadtführer können eine Menge erzählen und bieten spannende Spaziergänge an. KöbesColonius, alias Guido Hofmann, ist einer davon. Ich habe eine Tour bei ihm mitgemacht und wähnte mich mitten in einem Abenteuer. Der ganze Friedhof ist eine „Schatzkiste“ und bietet immer wieder Überraschungen. Das ein oder andere Anekdötchen gehört auch dazu. Spannend, witzig, berührend und interessant, all diese Gefühle und Facetten waren bei dieser Führung dabei. Ich kann eine Tour auf Melaten mit KöbesColonius nur weiterempfehlen.

Fast unscheinbar wirkt das Grab der ehemaligen Ordensschwester Maria Clementine Martin, die das Unternehmen “Klosterfrau Melissengeist” wohl im Jahr 1825 gründete. Und das als Frau zu jenen Zeiten. Mehr „Sein als Schein“ verdeutlicht diese Grabstätte.

Eine traurige Geschichte erzählt Guido Hofmann an einem verwitterten steinernen Kreuz mit einem davor liegenden Gedenkstein. Im Zweiten Weltkrieg während der verheerenden Oktober-Angriffe im Jahr 1944 starb auf dem Gelände eine ganze Hochzeitsgesellschaft.
Während eines Fliegerbomben-Angriffs der Alliierten am 31. Oktober 1944 in Köln suchte eine mehr als 100 Personen umfassende Hochzeitsgesellschaft Schutz in einem Tiefbunker am Tor des Melatenfriedhofs zur Aachener Straße hin. Der Bunker wurde jedoch direkt von einer Bombe getroffen, so dass die gesamte Hochzeitsgesellschaft umkam. Nur beim Hören dieses tragischen Ereignisses überkommt mich eine Gänsehaut.

Der Gedenkstein für die Hochzeitsgesellschaft, die 1944 bei einem Bombenangriff den Tod fand.

Da heitern die Geschichten am Grab von Willi Ostermann doch auf. Unzählige seiner karnevalistischen Lieder sind bis heute traditionelles Musikgut und werden gerne und oft gesungen. Besonders bekannt ist Ostermanns inoffizielle Stadthymne „Heimweh nach Köln“. „Ich mööch zo Fooß noh Kölle jonn…“, wer hat diese Liedzeilen nicht schon einmal gehört? Kurz vor seinem Tod am 6. August 1936 notierte Ostermann im Krankenhaus den Text des Refrains mit den ersten Strophen und stellte sie seinem Freund, dem Karnevalisten Thomas Liessem vor. Während der Beisetzung von Willi Ostermann trug Liessem am offenen Grab zum ersten Mal den Refrain des Liedes vor.

Beim bekannten Sensenmann, dem Wahrzeichen von Melaten, überkommt einen ein kleiner Schauer, vor allen Dingen aber Bewunderung für die kunstvolle Skulptur. Diese stellt den Tod mit Sichel und Sanduhr dar und wurde Ende des 19. Jahrhunderts für den wohlhabenden Kaufmann Johann Müllemeister gestaltet. Für die Bewahrung und den Erhalt des Sensenmanns hat die Steinmetzfamilie Steinnus gesorgt. Vor über 30 Jahren hat Johann Steinnus die Patenschaft für die berühmte Skulptur übernommen.

Es gibt unendlich viele individuell gestaltete Gräber auf Melaten. Die Liebe zu Köln und dem Karneval wird dabei auch deutlich. Geißbock, FC, Dom und die Liebe zu Kölle begleiten viele Menschen bis zum Tod und darüber hinaus.

Zahlreiche wunderschöne Skulpturen sind zu bewundern und regen die Fantasie an. In Gedanken beschäftigt man sich mit den Toten und ihrem Leben. Melaten ist auch ein Ort gegen das Vergessen. So viele Menschen aus verschiedenen Zeitepochen liegen hier. Die historischen Stätten, individuellen Gestaltungen, beeindruckenden Mausoleen, die Inschriften und verwitterten Gräber sind ein wichtiges Stück Stadtgeschichte und Kultur. Ein unbezahlbarer Schatz, den es zu bewahren gilt.

Melaten als Lebensraum

Beim Besuch von Melaten und dem Betrachten der Grabstätten begegnen einem das ein oder andere Eichhörnchen sowie zahlreiche Vögel. Die Eichhörnchen sind sehr zutraulich und freuen sich, wenn sie (artgerecht) gefüttert werden. Ohne Scheu vor dem Tod sitzen die Tiere auf den Grabstätten und zeigen damit, dass Tod und Leben zusammengehören. Zum Schutz und Erhalt der einzigartigen Natur auf Melaten ist hier auch der NABU Köln aktiv. Die alten und wunderschönen Bäume und jede Menge Grün bieten Lebensraum für zahlreiche Tiere. Die einzigartige Flora und Fauna bildet ein schützenswertes Stadtbiotop. So wurde vom NABU z. B. eine Naturwiese angelegt. Diese bietet Unterschlupf und Nahrung für viele Lebewesen – vom Schmetterling bis hin zum Igel. Nistkästen wurden und werden aufgehängt, ebenso gibt es zahlreiche Vogeltränken, die auch für Insekten nutzbar sind. An einem erhaltenswerten Grabdenkmal in zentraler Lage auf Melaten wurde ein Lavendelbeet angelegt. Wenn die Pflanzen blühen, freuen sich nicht nur die Menschen, sondern viele Insekten, denn die Blüten dienen für sie als wichtige Nahrungsquelle.

Fast ein wenig wehmütig bin ich am Ende der Führung und beim Verlassen von Melaten. Aber schon bald werde ich dort wieder allein auf Entdeckungstour gehen, auf den Spuren von Tod, Leben, Natur und Geschichte.

Un deit d’r Herrjott mich ens rofe, däm Petrus sagen ich alsdann: Ich kann et räuhig dir verzälle, dat Sehnsucht ich noh Kölle han.”

Willi Ostermann in „Heimweh nach Köln“

Hier gibt es noch einen Artikel zu Friedhöfen!

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