Ein Besuch in der Igelstube Stommeln – „Igel brauchen unsere Hilfe!“

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Von: Anja Fiedler

Der kleine Igel hat Glück gehabt und wird in der Igelstube Stommeln aufgepäppelt.
Der kleine Igel hat Glück gehabt und wird in der Igelstube Stommeln aufgepäppelt.

Schwindende Lebensräume, Klimawandel und das dadurch bedingte Insektensterben treffen auch die Igel. Die kleinen Stacheltiere sind Insektenfresser, finden zu wenig Nahrung und sind daher in ihrem Bestand bedroht. Zudem gibt es in unseren Gärten und im Wohnumfeld viele Gefahren für Igel. Kranke, verletzte und unterernährte Tiere sind da leider die Regel, auch in Pulheim. Wir waren zu Besuch in der Igelstube Stommeln.

Igelstube Stommeln

Allein 110 Igel hat die Igelstube Stommeln in diesem Jahr schon aufgenommen und versorgt. Der ehrenamtliche Einsatz ist enorm. Es gibt keinerlei Zuwendungen von Kommune oder Land. Alle Kosten müssen aus eigener Tasche gezahlt werden. Daher sind Igelpflegestellen auf Spenden angewiesen. Jede Geld- oder Sachspende hilft weiter. Zeitungspapier, alte Handtücher, Desinfektionsmittel, Katzenfutter (Feucht- und Trockenfutter), Einmalhandschuhe, Näpfe usw. werden gerne angenommen, ebenso wie eine finanzielle Spende. Vielleicht findet sich ja der ein oder andere Sponsor für die Igelstube Stommeln. Wir vermitteln gerne den Kontakt.

Ebenso ist es eine große Hilfe, wenn Menschen aufgepäppelte Igel (die nicht mehr zurück in ihr Ursprungsrevier können, da es zu gefährlich ist) in ihren Gärten auswildern, wenn diese dort sicher (fernab von gefährlichen Straßen usw.) und glücklich leben können. Auch Menschen, die bereit sind Igeln, die es aus eigener Kraft nicht geschafft haben, in den Winterschlaf zu gehen, einen gesicherten Platz zum Überwintern zu geben, sind eine große Unterstützung für die Igelstube Stommeln und andere Igel-Pflegestellen. Die Igelstation steht natürlich mit Rat und Tat zur Seite. Nach Beendigung des Winterschlafs wird der Igel wieder auf sein Ausgangsgewicht gepäppelt und dann möglichst zurück in sein ursprüngliches Revier gebracht.

Über Igel

Igel sind Insektenfresser. Käfer, Regenwürmer, Raupen, Ohrwürmer, Schnecken, etc. stehen auf dem Speiseplan des Igels. Ausgewachsene Igel haben eine Körperlänge von 24 bis 28 cm, ihr Gewicht beträgt zwischen 800 und 1500 Gramm. Selbstständige Jungigel wiegen bis ca. 500 g und haben eine Körperlänge bis ca. 20 cm. Erwachsene Igel besitzen um die 6.000 bis 8.000 Stacheln. Bei Gefahr rollt sich der Igel ein und richtet seine Stacheln auf. Im Sommer verschlafen die Stacheltiere den Tag in allen möglichen Verstecken. In der kalten Jahreszeit finden Igel keine Nahrung. Sie fressen sich daher im Sommer und Herbst ein Speckpolster an und halten dann 4 bis 5 Monate lang Winterschlaf. Im Laufe des Oktobers nimmt das Nahrungsangebot deutlich ab. Im November befinden sich erwachsene Igel in der Regel schon im Winterschlaf. Viele Jungtiere bauen sich jedoch erst jetzt ihre Winterschlafnester. (Quelle: Pro Igel)

Gefahren für Igel

Durch Unachtsamkeit und mangelnde Rücksichtnahme der Menschen sind Igel zahlreichen Gefahren ausgesetzt. Wir nennen hier lediglich eine Auswahl.

Rasenmäher, Tellersensen, Kantenschneider und Mähroboter können beim unachtsamen Einsatz Igel schwer verletzen. Die kleinen Stachelritter halten ihren Tagesschlaf in hohem Gras, unter Hecken, Büschen und Laub. Genau da also, wo z. B. Rasentrimmer und Motorsensen eingesetzt werden. Igel flüchten bei Gefahr nicht, sondern rollen sich ein und bleiben sitzen. Schwere Verletzungen, an denen die Stacheltiere nicht selten sterben, sind die Folge. Also bitte Obacht beim Einsatz dieser Geräte.

Mähroboter sollten nur am Tag eingesetzt werden, wenn das Nachttier Igel schläft. Ein gewählter Bodenabstand von mindestens 4,5 cm kann Igelleben retten. Zudem sind Mähroboter insektenfeindlich. Denn auf einem ständig kurz gemähten Rasen erreicht keine Pflanze das Blütenstadium. Käfer, Würmer, kleine Schnecken usw., die in Bodennähe leben werden zerhäckselt und fallen als Nahrung für Igel dadurch weg.

Laubsauger/Laubbläser sollten ebenfalls mit Bedacht eingesetzt werden. Kleine Igel könnten aufgesaugt werden. Das Wegblasen von Laub zerstört Rückzugsorte der Stacheltiere. Wenn man Igeln etwas Gutes tun möchte, lässt man einige Laubhaufen im Garten und bietet ihnen so einen Lebensraum.

Abfallsäcke, z. B. gelbe Säcke, sind Todesfallen für Igel. Auf der Suche nach Fressbarem klettern die Stacheltiere in die Säcke und kommen oft nicht mehr (rechtzeitig) hinaus. Zudem fressen sie Reste und können sich so durch Bakterien Krankheiten einhandeln. Bleiben Igel mit dem Kopf in Dosen und Bechern stecken, können sie sich Schnittverletzungen zuziehen oder sich im Sack verheddern. Dann werden sie „mit entsorgt“ und sterben einen grausamen Tod. Daher gelbe Säcke möglichst erhöht aufhängen oder hinlegen und lieber erst morgens rausstellen. Ebenso birgt achtlos weggeworfener Müll ähnliche Gefahren für Igel.

Insektizide, Schneckenkorn, Unkrautvernichter, chemische Düngemittel usw. reduzieren/vernichten die Nahrungstiere der Igel. Natürlicher Dünger wie Pferdemist ist gut für die Pflanzen und unschädlich für Igel.

Rattengift ist nicht nur für Igel tödlich. Gelangt es in die Nahrungskette sterben viele Tiere einen unnötigen Tod.

Vogelnetze, die bis zum Boden herunterhängen, ungesicherte Gartenteiche und Kellerschächte, Garten- und Brauchtumsfeuer bergen weitere Gefahren für Igel. Hier sollte mit Bedacht gehandelt werden. So sind Ausstiegshilfen bei offenen Teichen, Tonnen und Schächten oder Abdeckungen lebensrettend für Igel.

Hilfsbedürftige Igel

Igel, die offenkundig verletzt oder krank sind brauchen Hilfe. Igel mit offenen Wunden, mit Maden oder Parasiten befallene oder hustende Tiere, tagsüber aktive Igel, apathische, abgemagerte Tiere und verwaiste Igelbabys oder Igel, die bei Frost oder Schnee aktiv sind, haben keine Chance zu überleben. Daher bitte den Igel in einem hohen Karton sichern. Den Karton mit Zeitungen und einem Handtuch ausstatten. Tiere mit offenen Wunden fliegensicher unterbringen. Dem Tier wird nur Wasser in einer flachen Schale (z. B. Marmeladenglasdeckel) angeboten. Weist der Igel Verletzungen auf oder blutet, muss er umgehend zum Tierarzt. Hier in der Region behandeln Dr. Ulusan in Dormagen oder Dr. Miebach in Köln-Worringen Igel. Sie stehen in Kontakt mit Igelstationen, die die Tiere dann weiterversorgen. Bei Pro Igel findet man viele Informationen rund um Igel sowie sachkundige Ansprechpartner.

Wie kann man den Igeln helfen?

Igel sind Kulturfolger, d. h. sie suchen die Nähe zum Menschen. Für sie sind unsere Gärten und Grünanlagen wichtiger Lebensraum. Doch der Zugang wird ihnen oft durch Mauern oder Gartenzäune verwehrt. Mit Lücken, Igeldurchlässen usw. kann man die Stacheltiere im eigenen Garten willkommen heißen. Natürlich sollte man Gefahren (s. o.) für Igel möglichst ausräumen. Die Igelstube Stommeln empfiehlt ganzjährig Futter und Wasser anzubieten. Laubhaufen und Verschnitt in Ecken werden von Igeln gerne angenommen. Ebenso rettet der Verzicht von Chemie im Garten nicht nur Igelleben. Wer möchte kann den Igeln Futter- und Schlafhäuser anbieten. Ein Stück ungemähte Wiese mit insektenfreundlichen Pflanzen sieht nicht nur hübsch aus, sondern ist Artenschutz für Insekten und Igel. Es gibt viele weitere tolle Projekte, wie z. B. die Anlage eines Käferkellers (So einfach geht das!), der nicht nur Igeln Freude bereitet.

Zuallererst müssen wir Menschen jedoch einfach mehr Rücksicht auf die Natur und damit auch auf die Igel nehmen. Die Stacheltiere und alle anderen Lebewesen haben unseren Respekt und unsere Fürsorge verdient. Auch die Kommunen sind hier gefragt. Eine Vorreiterrolle im Igelschutz nimmt im Rhein-Erft-Kreis die Stadt Bergheim ein. Die Kreisstadt stellt z. B. Igel-Schlafhäuser auf, die Schutz und einen Ort für den Winterschlaf bieten. Zudem ruft die Stadt Bergheim regelmäßig die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, Maßnahmen zum Igelschutz zu ergreifen, so z. B. Wasserstellen in Trockenzeiten für Igel und Co. einzurichten und Rückzugsmöglichkeiten für die Stacheltiere im Garten anzubieten. Es bleibt zu hoffen, dass andere Kommunen sich anschließen.

Fazit

Unser Respekt gilt allen engagierten Menschen in Igelstationen, die Igel retten. Das alles ehrenamtlich mit hohem finanziellen, vor allen Dingen aber auch unglaublichem zeitlichen Aufwand. Igel sind vom Aussterben bedroht, so wie viele andere Tiere auch. Die Igelstationen schauen nicht weg, reden nicht nur, sondern handeln. Sicherlich kann und möchte das nicht jeder leisten. Aber mit kleinem Aufwand kann jeder zur Rettung der Igel beitragen. Die Stacheltiere sind genauso Teil der Natur wie wir Menschen.

Igel brauchen unsere Hilfe! Jede/Jeder kann Lebensraum für Igel und Co. in seinem Garten, auf seiner Terrasse usw. schaffen und sich dann über eine lebendige und artenreiche grüne Oase freuen. Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber eine Arche Noah für Igel und die Natur!