
Ab einer berechneten Wassermenge wird hier das Bachwasser automatisch nach links in das HRB abgeschlagen. (Foto: Horst Engel)
Wir freuen uns an dieser Stelle einen Gastbeitrag von Horst Engel, Verbandsvorsteher des Unterhaltungsverbandes Pulheimer Bach, veröffentlichen zu können. Da die Auflösung des Bachverbandes nach wie vor nicht abgewendet ist, möchten wir ihm bei Pulheim-Report gerne die Gelegenheit geben seine Sicht der Dinge darzustellen.
Gastbeitrag von Horst Engel
Anlass
Der Unterhaltungsverband Pulheimer Bach (Bachverband) unterhält nach Satzung den Pulheimer Bach (10 km). Dazu, nach Verwaltungsvereinbarungen, die „sonstigen“ Gewässer für Bergheim, Frechen und Pulheim – früher „Gewässer 3. Ordnung, Gesamtlänge rund 90 km.
Diese, seit 61 Jahren erfolgreiche, unabhängige Institution, zählt zu den Wasser- und Bodenverbänden nach Wasserverbandsgesetz, rechtlich eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Der Verband genießt hohes Vertrauen und Ansehen in der Bevölkerung. Da das Bachwasser vollständig in der Großen Laache, zwischen Pulheim und Köln, versickert und deshalb nichts aus anderen Flusssystemen eingetragen werden kann, hat der Pulheimer Bach sozusagen „Laborqualität“. Das erlaubt z. B. Langzeituntersuchungen. Kein Wunder, dass es zwischen dem Bachverband und der Universität zu Köln, Geographisches Institut, seit 17 Jahren eine erfolgreiche Kooperation- und Patenschaft gibt. Vor 10 Jahren hat das Institut sogar ein eigenes Lernlabor auf der Bachmeisterei errichtet. Dazu haben sich neun Schulen zur „Pädagogischen Achse der Anrainerschulen“ zusammengeschlossen. Maxigruppen von Kindergärten nutzen die renaturierten Bachabschnitte für spannende Ausflüge in die Natur. Deshalb überrascht es, dass der Verband nach der Kommunalwahl September 2025 aufgelöst werden soll. Angeblich finde man, so in Pulheim, für Verbandsvorsteher Horst Engel keinen Nachfolger und in Bergheim verspricht man sich Haushaltsvorteile, wenn im Stadtgebiet Bergheim der Erftverband die Aufgaben des Bachverbandes übernimmt.

„Wasserwirtschaftliche Einheit“
Große und kleine Wasser- und Bodenverbände (z. B. Erftverband u. Bachverband) haben im Kern die gleichen Aufgaben: Hochwasserschutz, natur- und bürgernahe Gewässerunterhaltung, Partizipation und Renaturierung. Weniger bekannt, die zentrale Voraussetzung für die Aufgabenerfüllung, die sogenannte „Wasserwirtschaftliche Einheit“. Denn, vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels, zunehmender Extremwetterlagen, ungebrochener Bautätigkeit mit weiterer Bodenversiegelung, fallen besonders bei kleinräumigen Starkregenereignissen immer mehr Niederschlagsmengen an. Es gilt: Plus ein Grad Erwärmung der Erdatmosphäre führen zu plus 7 Prozent mehr Niederschlag.
Wie dramatisch das sein kann, dokumentieren immer häufiger eindrucksvolle Fernsehbilder: Vermeintlich harmlose, kleine Bäche, wie der Pulheimer Bach, werden zu reißenden, zerstörerischen Flüssen. Nur beherrschbar durch stetige und zeitnahe Anpassung des Hochwasserschutzes. Kurz: „Vor die Welle kommen“. Gute Ergebnisse zwingen ausnahmslos zur Betrachtung des gesamten Gewässers, die sogenannte „Wasserwirtschaftliche Einheit“. Das gilt für die tägliche Gewässerunterhaltung, Planungen und eilfälligen Entscheidungen zur Abwehr von Hochwassergefahren.
Für den Pulheimer Bach gehören dazu in Bergheim-Glessen: Das Hauptquellgebiet (seit 2024 mit 15,4 Hektar im Eigentum des Bachverbandes). Die Bäche wie Keuschenbroichbach, Abtsmühlenbach und Selchbach. Die Hochwasserrückhaltebecken am Friedhof und Liebesallee, oberhalb Broichhof. Der Mittellauf in Sinthern und Geyen mit dem Hochwasserrückhaltebecken (HRB) in Sinthern. Wegen seines Rückhaltevolumens von über 80.000 Kubikmetern aufsichtsrechtlich in direkter Zuständigkeit durch die Bezirksregierung Köln. Der Bachverband muss hier jährlich einen Sicherheitsbericht vorlegen. Die Fläche von rund 10 Hektar stehen im Eigentum des Bachverbandes. Die HRB-Ertüchtigung für das 100-jährliche Regenereignis ist in Planung. Dazu die Nebengewässer mit Am Born, Manstedtener Graben, Langer Graben und seinem Unterlauf in Pulheim, einschließlich der HRB Bendacker und Gleisdreieck und das einzigartige Versickerungs- und Naturschutzgebiet Große Laache; seit 2008 im Eigentum des Bachverbandes (ca. 11 Hektar).

Da der Hochwasserschutz nicht ausreichte, hatte Pulheim hier sogar schon einmal einen Baustopp zu ertragen, der erst mit dem HRB „Bendacker“ überwunden werden konnte. Dem Bachverband gelang damals das Kunststück die notwendige Planfeststellung in nur 9 Monaten durchzuziehen (!). Mit der heutigen Bürokratie und dem ständigen Problematisieren undenkbar. Solche Hochwasserschutz-Anpassungen werden immer wieder notwendig sein. So musste vor dem Bahndamm, Nähe Elchweg, mit dem Hochwasserrückhaltebecken „Gleisdreieck“ der Hochwasserschutz für Pulheim erneut nachgebessert werden.
Verschlechterung der „Wasserwirtschaftlichen Einheit“
Nach vielen Überschwemmungen und großen Schäden (älteste Urkunde aus 1720 Jh.) haben deshalb 1964 die Räte der Altgemeinden im Raum Bergheim und Pulheim den umlagefinanzierten Unterhaltungsverband Pulheimer Bach gegründet. Eine kluge Entscheidung, die bis heute mit hauptamtlichen Spezialisten, Spezialtechnik und einem ehrenamtlichen Vorstand vorbildlich funktioniert. Das Ehrenamt wird hier als Berufung gelebt. Es gibt keinen Grund daran etwas zu ändern. Im Gegenteil: Auf den Bachverband können die Bürger in Bergheim und Pulheim wirklich stolz sein. Beide Bürgermeister (Volker Mießeler u. Frank Keppeler) müssten deshalb jeglicher Verschlechterung des Hochwasserschutzes entgegentreten. Eine solche Verschlechterung ist das drohende Auseinanderreißen der „Wasserwirtschaftlichen Einheit“, wenn der Bachverband aufgelöst wird. Dazu will Bergheim die Aufgaben des Bachverbandes in Bergheim-Glessen (wasserwirtschaftlicher Oberlieger) auf den Erftverband übertragen. Pulheim will dann die Aufgaben für den Mittel- und Unterlauf, in Sinthern, Geyen und Pulheim (wasserwirtschaftliche Unterlieger) in seine Bauverwaltung integrieren, obwohl diese bei Starkregenereignissen mit ihrem Kanalnetz immer wieder erneut gefordert ist.
Die fatalen Folgen liegen auf der Hand: Aus wasserwirtschaftlichen Ober- und Unterliegern würden plötzlich kommunale Ober- und Unterlieger, weil die Stadtgrenze zwischen Bergheim und Pulheim zu zusätzlichen Schnittstellen, Zuständigkeiten und Abstimmungsbedarf führen. Eine nicht hinnehmbare Verschlechterung, die sogar die Besorgnis der Gefahrenerhöhung bei der Abwehr von Hochwasserrisiken begründet und sicher auch die Versicherungen der Bachanlieger auf den Plan rufen könnten.

Bei Starkregenereignissen und Gewittern, würden die Menschen in Pulheim, die nach den hier amtlichen „Hochwassergefahrenkarten“, vor allem in den Hochwasser gefährdeten Stadtgebieten, in der Ortsmitte von Sinthern und in Geyen und in Teilen von Pulheim wohnen, stets sorgenvoll zum Oberlauf des Pulheimer Baches, nach Glessen, dem kommunalen Oberlieger blicken und sich fragen: Machen die was? Machen die alles richtig? Eine solche Verschlechterung könnte sogar im Versicherungsfall relevant werden.
Deshalb hat sich Verbandsvorsteher Horst Engel mit einem Brief an Bürgermeister Mießeler und Bürgermeister Keppeler und an den Vorstandsvorsitzenden des Erftverbandes, Prof. Schäfer, gewandt. Auszug: „Das Zerreißen der „Wasserwirtschaftlichen Einheit“ können wir gemeinsam nicht wollen. Ich möchte Sie deshalb bitten, sich in Ihren Gremien für den Erhalt der „Wasserwirtschaftlichen Einheit“ des Pulheimer Baches einzusetzen. Die Menschen würden es Ihnen danken“.
Für die Auflösung braucht es übrigens eine Zwei-Drittel-Mehrheit in der Verbandsversammlung. Sagt Pulheim nein, kommt eine Zwei-Drittel-Mehrheit nicht zustande und die Auflösung des Bachverbandes wäre gescheitert.
In diesen Tagen jährt sich übrigens die schreckliche Hochwasserkatastrophe z. B. an Erft und Ahr vom 14./15. Juli 2021.
Für die Verbandsversammlung des Bachverbandes, die Gremien der Kreisstadt Bergheim und für den Umweltausschuss der Stadt Pulheim, Ende September 2025, wird der Bachverband sein Zukunftskonzept inkl. Personalvorschläge vorlegen.
Alles gute Gründe den Bachverband zu erhalten.
(Horst Engel)

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